Weihnachtsgeschichte 1

Es war ein Tag vor heilig Abend und die ganze Familie saß zu Hause vor dem Fernseher und langweilte sich. Tinchen dachte warum ist bei uns Weihnachten denn immer so langweilig, meine Freundinnen erzählen immer von Hektik, Unruhe und dass jeder zu Hause irgend eine dringende Arbeit noch zu erledigen

hat. Bei Tinchen war das anders. Ihr großer Bruder und ihre Mutter saßen immer nur vor dem Fernseher. Seit Papa nicht da mehr war wurde kein Christbaum mehr gekauft und keine Geschenke mehr. Weihnachten war bei Tinchen zu Hause ein Tag wie jeder andere auch.

Es war kurz nach 18.00 Uhr, als es ihr zu blöd wurde und sie sich in ihr Zimmer zurückzog. Sie schaute aus dem Fenster. Es schneite nur ganz leicht, doch es sah schön aus, wie die Erde sich weiß gezuckert zeigt.

Sie träumte so vor sich hin, als sie aus dem Nachbarhaus einen Jungen laufen sah. Er war in ihrem Alter und trug eine warme Mütze, Handschuhe und einen wunderschönen Schal und den passenden Pullover dazu. Er tollte im Schnee herum, warf Schneebälle die er formte in die Luft, lachte und sang dazu.

Neidvoll blicke Tinchen zu ihm hinunter. Ach wie gerne hätte sie mit ihm herumgetollt, doch seit dem Tod ihres Vaters vor 4 Jahren, gab es in der Familie nichts mehr zu lachen und auch Tinchen hatte es sich abgewöhnt, doch es fehlte ihr, das merkte sie in diesem Moment.


Plötzlich erschrak sie. Der Junge hatte einen Schneeball an ihr Fenster geworfen und lachte lauthals.

Da kam ein Mann aus dem Nachbarhaus. Es schien der Vater von dem Jungen zu sein. Er trug ebenfalls eine Mütze, Handschuhe und den selben Schal und den selben Pullover wie der Junge. Der Mann ging zu dem Jungen, der dabei war eine Schneekugel zu formen. Es wurde schon fast dunkel und die Straßen-laternen gingen an. Der Mann ging dem Jungen zur Hand und sie formten eine riesige Schneekugel, die sie mitten im Vorgarten positionierten.

Da fasste Tinchen einen Entschluss, sie zog ihre warme Winterjacke aus Lammfell an, ihre Handschuhe und ging in den Garten. Dort schlenderte sie im Garten hin und her, ließ die beiden aber nicht aus den Augen. Der Junge und sein Vater hatten einen riesigen Spaß, als sie die Zweite Kugel formten. Sie warfen sich Schnee ins Gesicht tollten und lachten. Als

der Junge in der Nähe des Gartenzauns zu Tinchens Garten war, sah er sie und rief: "Hallo wohnst Du hier?"

Tinchen war erschrocken und wollte sich schon umdrehen und weggehen. Da sprach der Mann sie an: "Hallo! Wie heißt Du denn, ich bin der Manfred und das ist mein Sohn Nico, wir wohnen erst seit 2 Wochen hier, doch es gefällt uns sehr gut. Wir wussten gar nicht,

dass wir so ein nettes Mädchen als Nachbarin haben. Verrätst Du uns wie Du heißt?" Sie sah die beiden an und es wäre nicht anständig gewesen, nicht zu antworten, das hatte ihre Mutter ihr immer beigebracht. "Ich heiße Tina Sonnenberg und wohne hier mit meinem Bruder und meiner Mutter."


Nico kam auf sie zu ganz nah an den Zaun, streckte ihr die Hand entgegen und sagte: "Hallo Tina, es freut mich dich kennen gelernt zu haben. Möchtest Du uns helfen beim Schneemannbau? Wir würden uns freuen! Oder nicht Pa?"


Der antwortete spontan: "Ja klar! Komm rüber oder soll ich dich über den Zaun heben?" Er lachte laut. "Nein ich kommen außen herum!" sagte Tinchen. Sie war aufgeregt, seit langem war sie nicht mehr so nervös wie im Moment, doch es reizte sie unheimlich einen Schneemann zu bauen, das hatte sie noch nie gemacht. Sie war nun 9 Jahre alt und noch nie war sie auf die Idee gekommen, aber den beiden merkte man an, welche Freude sie hatten und das steckte wohl an.


Sie fragte: "Was kann ich denn helfen?" Manfred sagte: "Versuch mal aus Schnee zwei Arme zu formen." Tinchen bemühte sich, doch es gelang ihr nicht. Da kam Manfred zu ihr und Nico rollte die kleinere Kugel zu der größeren Kugel. Manfred fragte: "Hast Du noch nie einen Schneemann gebaut?" Tinchen hatte Tränen in den Augen schüttelte den Kopf und sagte: "Nein noch nie. Mein Vater ist vor 5 Jahren gestorben und seit dieser Zeit hat meine Mutter mit uns nichts unternommen und mein Bruder ist zu alt sagt er, dass er mit mir so einen kindischen Quatsch macht." Manfred nahm sie in den Arm und sagte: "Siehst Du wir haben vor 2 Jahren Nicos Mutter verloren, doch wir haben nicht verlernt, das Leben zu genießen, denn das Leben geht weiter und man muss das Beste daraus machen. Komm ich helfe Dir und zeige Dir wie es geht."

Im Handumdrehen hatte er einen Arm geformt und Tinchen versuchte nun den zweiten zu formen. Es dauerte einige Zeit, doch es klappte und voller Stolz strahlte Tinchen wie schon lange nicht mehr. Sie rief: "Schaut ich habe es geschafft." Die beiden hatten die kleinere Schneekugel auf die große gesetzt und auch einen Kopf geformt, den Nico gerade versuchte oben drauf zu setzen, doch er war zu klein. Sein Vater half ihm und so nahm der Schneemann immer mehr an Gestalt an. Nun half Nico, Tinchen die Arme zu befestigen.


"So nun fehlt nur noch die Nase, der Mund, die Augen, ein Besen und vielleicht einen Hut" sagte Nico.
Tinchen fragte: "Aus baut ihr denn das?" Manfred sagte: "Ganz einfach, die Augen aus Kohle und den Mund aus einer Orangenschale, einen

Besen haben wir in der Garage stehen und einen alten Hut auch, aber die Nase! Ich habe keine Karotten gekauft. Wo bekomm ich jetzt noch Karotten her?" Tinchen rief: "Die kann ich besorgen, wir haben heute erst welche gekauft, soll ich eine holen?"


"Na klar" rief Nico. "Lauf gleich los!" Tinchen rannte ins Haus und hätte fast ihre Mutter umgerannt, die sie ganz verstört ansah und fragte: "Was ist denn in dich gefahren? Ist etwas passiert?"
Tinchen rief nur: "Nein, nein, ich brauch nur dringend eine Karotte." Sie holte diese aus der Küche und weg war sie wieder. Die Mutter schüttelte nur den Kopf und ging wieder ins Wohnzimmer vor den Fernseher.

Tinchen suchte im Kühlschrank eine Karotte.

Jeder schaute sie genau an, dann suchte sie die größte und schönste von allen aus und nahm sie mit nach draußen. Manfred und Nico hatten im Garten auf sie gewartet. Sie stand vor dem Schneemann, der tatsächlich schon ein Gesicht hatte nur noch keine Nase. "Los" sagte Nico, "steck ihm die Nase mitten ins Gesicht".

"Ich komm nicht hoch, können sie mir helfen?" bat sie Nicos Vater. Der nahm Tinchen auf den Arm, hob sie hoch und sie steckte die Karotte dem Schneemann ganz fest mitten ins Gesicht.
Als sie wieder auf beiden Beinen so vor dem Schneemann stand, lächelte sie ihn bewundernd und stolz an.

Vor lauter Begeisterung und Arbeiten hatte sie gar nicht bemerkt, wie nass ihre Füße und Hände waren und eigentlich fror sie leicht. Sie sagte: "Ich muss nun nach Hause, mir ist kalt und es ist schon dunkel. Danke, dass ich euch helfen durfte, es war super toll!" Nicos Vater sagte: "Halt, halt unser Werk muss doch noch gefeiert werden. Wir haben drinnen Waffeln vorbereitet und dazu einen warmen Tee, der wird auch Dir sicher gut tun und Dich aufwärmen. Komm bitte noch ein paar Minuten mit uns ins Haus."
Tinchen überlegte dann rief sie nur: "Moment, ich bin gleich da!" Sie rannte ins Haus rief ihrer Mutter: "Mam ich bin kurz bei den Nachbarn ich komme bald wieder." Bevor sie noch eine Antwort abwartete, lief sie wieder hinaus und ging mit Nico und Manfred ins Haus.



Sie zog ihre nassen Schuhe und Handschuhe aus, hängte ihre Winterjacke an einen Kleiderhaken und folgte langsam Nico ins Wohnzimmer. Da stand ein wunderschöner Weihnachtsbaum. Der war sicher 2 m hoch und glitzerte in allen Farben. Tinchen stand mit großen Augen und offenen Mund da und sagte nur: "Oh wie schön!"


                                                   

Nico stand da und schaute Tinchen an, dann fragte er: "Was ist denn mit dem Baum?"

Tinchen sagte: "Ich habe noch nie so einen wunderschönen Weihnachtsbaum gesehen. Habt ihr jedes Jahr einen?" Nico lachte und sagte: "Klar haben wir jedes Jahr einen, das ist doch fast das schönste an Weihnachten, bis auf die Geschenke. Aber warum fragst Du,habt ihr denn keinen

Weihnachtsbaum?" Tinchen drehte sich um und Nico sah, dass sie Tränen in den Augen hatte. Im selben Moment kam sein Vater herein mit einem großen Teller voll mit Waffeln und einem zweiten mit Weihnachtsgebäck, der Tee stand schon auf einem Stövchen auf dem Tisch.

Er stellte die Teller dazu und holte für Tinchen noch eine Tasse und einen Teller. Tinchen stand ganz verloren in dem Wohnzimmer, mit ihren Tränen in den Augen sah sie wirklich unheimlich traurig aus und so fragte auch der Vater von Nico, was denn mit ihr los sei!
Tinchen setzte sich hin und sagte erst gar nichts, doch sie spürte, dass sie reden wollte, dass einfach einmal darüber reden musste und so legte sie los und erzählte von dem Tod ihres Vaters und wie sich ihre Mutter und ihr Bruder verändert hatten.

Als alles raus war, fühlte sie sich leichter und griff nach einer Waffel, die sie gierig hinunterschlang und dazu trank sie den guten Tee. Manfred sagte zu ihr: "Ich habe eine Idee! Weiß Deine Mutter, dass Du bei uns bist?" "Ja", sagte Tinchen, "ich muss auch bald gehen, sonst wird sie böse!" Manfred grinste zu seinem Sohn und sagte: "Genau das

machst Du nicht! Du gehst mit Nico noch ein wenig in sein Zimmer und da könnt ihr noch ein wenig spielen, morgen ist sowieso keine Schule und wir warten bis Deine Mutter kommt um Dich zu holen. Alles weitere überlasse einfach mal mir.
Es dauerte nicht sehr lange, da klingelte es auch schon und Tinchen hörte in Nico's Zimmer, die Stimme ihrer Mutter, die sehr aufgeregt klang. Doch nach über einer halben Stunde standen Manfred und ihre Mutter in der Tür von Nico's Zimmer.

Sie schaute zwar noch etwas grimmig, doch sie schaute anders als sonst, fiel Tinchen auf. Nico's Vater sagte: "Wir haben eine Überraschung für euch beide!" Nico und Tinchen schauten sich an und Nico fragte: "Was denn für eine Überraschung? Morgen ist doch erst "Heilig Abend".
Dann lächelte Tinchens Mutter. Ein ungewohnter Anblick für Tinchen, sie hatte ihre Mutter seit langer Zeit nicht mehr lächeln gesehen. Tinchen sagte: "Mam was ist denn? Was für eine Überraschung ist das denn?"
Ihre Mutter rang nach Worten, die plötzlich in einer Flut Tränen versiegten. Doch dann nahm sie all ihre Kraft zusammen und sagte: Tinchen, Dein Bruder, Du und ich werden morgen hier im Haus von Manfred und Nico, seit langer Zeit wieder einmal richtig Weihnachten feiern. Ich hatte eine lange Unterhaltung mit Nico's Vater und er hat mich überzeugt, dass ich mich einfach überwinden muss und lernen zu vergessen.


Es wurde ein wunderschöner "Heilig Abend" für alle. Sie feierte sehr ruhig und nachdenklich, doch es war für alle einer der schönsten Tage in ihrem Leben.






E N D E